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Extra-Info: Die Auswanderung nach Algier


Die Auswanderung nach Algier wurde in den Dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts durch die französische Regierung stark forciert. Im Jahre 1830 hatte Frankreich Nordafrika zu seiner Interessenssphäre erklärt und war daran interessiert, das Land durch eine möglichst schnelle Besiedlung mit französischen Kolonisten eng ans das Mutterland zu binden. Da sich zunächst offenbar nicht genügend Franzosen bereit fanden, nach Algerien zu gehen, versuchten die Werber und Agenten der französischen Regierung vor allem in den Jahren 1843 - 1845 ihr Glück in den deutsch-französischen Grenzgebieten, insbesondere in der Pfalz, da man von der hohen potentiellen und latenten Auswanderungsbereitschaft der armen Pfälzer Landbevölkerung wußte. In einem Brief des saarländischen Landrats Engelmann aus St. Wendel vom 31. August 1843 heißt es dazu:
"Nebenbei haben in diesem Jahre die von dem französischen Gouvernement gebotenen Vortheile bei der Niederlassung in Algerien das Hinüberziehen dahin besonders angeregt, und sollten etwa günstige Nachrichten von den dort Angesiedelten eintreffen, so ist darauf zu rechnen, daß ihnen mit der Zeit noch mehr Familien folgen werden, und vorzugsweise dann, wenn der Landmann wieder durch ein Mißjahr gedrückt wird." (Landau/Merks-Krahforst, 47)

Diese drei Jahre von 1843 bis 1845 sind zugleich die Haupteinwanderungsjahre deutscher und anderer europäischer Siedler nach Algerien. Landau / Merks-Krahforst, 10 berichten, daß im Jahre 1844 allein aus Urexweiler 42 Bürger nach Algerien ausgewandert sind. Nach 1846/47 nimmt die Zahl der Auswanderer nach Algerien rapide ab, sicherlich vor allem wegen der schlechten Nachrichten aus dieser französischen Kolonie.

Wer nicht das Geld für einen Überfahrt-Vertrag nach Amerika aufbringen konnte, wurde nicht selten statt dessen auf Kosten der französischen Regierung nach Algier im wahrsten Sinne des Wortes "verfrachtet". Allerdings müssen die dort vorgefundenen Lebens-, Arbeits- und Klimaverhältnisse katastrophal gewesen sein. Wie Landau / Merks- Krahforst, 46 berichten setzte der französische Gouverneur in Algier die Neusiedler dadurch unter Druck, daß er ihre Reisepapiere einzog und damit verhinderte, daß die rückreisewilligen Siedler nicht ihre für die Rückreise nötigen Dokumente beim deutschen Konsulat ausstellen lassen konnten!

Im Jahre 1847 wurde im Trierer Amtsblatt eine Liste mit 54 Namen von Siedlern veröffentlicht, die schon "kurz nach ihrer Ankunft in Algerien an Unterernährung, Entkräftung, dem ungewohnten Klima oder ansteckenenden Krankheiten umgekommen waren." (Landau/Merks-Krahforst, 50)

Nordafrika (Maghreb) um 1830

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Die französische Kolonie von Algier um 1830

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Im nördlichen und mittleren Saarland scheint die Auswanderung nach Algerien eine größere Rolle gespielt zu haben als etwa in der Rheinpfalz. Wie Faltin, 173 resümiert, hatte die Pfälzer Auswanderung nach Algier "nur episodenhafte Bedeutung".

Es dauerte übrigens bis 1847, bis sich Frankreich in Algerien gegen den erbitterten Widerstand der Berber militärisch durchgesetzt hatte - insbesondere mit Hilfe der Fremdenlegion. Danach aber war Algerien mit die wichtigste Kolonie Frankreichs und wurde Frankreich sogar politisch und wirtschaftlich angegliedert - ein Zustand, der bis zum Abzug der Franzosen nach dem verlorenen Unabhängigkeitskrieg gegen die algerischen Nationalisten 1962 andauern sollte..


Von der Ensheimer bzw. Eschringer Bevölkerung sind nur zwei Familien bekannt, die 1845 nach Algier ausgewandert, aber offenbar schon bald wieder zurückgekommen sind:

1) Johann Georg Gitzhoven, Arbeiter aus Eschringen, * 22.02.1792 Eschringen, + 02.07.1855

2) Anna Margaretha Latz, * 26.11.1791 Eschringen, + 04.01.1847 Eschringen; Witwe von Johann Bickel, Tagelöhner aus Heckendalheim

Immerhin hat die gemeinsame Auswanderung die beiden Familien offenbar so zusammengeschweißt, daß je zwei der Kinder untereinander geheiratet haben...


Quellen:


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Last update: 02.03.2003