ENSHEIM Homepage
Extra-Info: Die französische Saarprovinz (1685 - 1697)
Die Saarprovinz entstand im Rahmen der Neuorganisation der Reunionsgebiete
im Jahre 1685, obschon ihre Anfänge bis ins Jahr 1680 zurückgehen.
Die Hauptstadt der Saarprovinz wurde das damals gerade in Bau befindliche Saarlouis,
das als Festungsstadt von Vauban konzipiert worden war. Leider gibt es bis heute keine vollständige
Liste jener Dörfer und Städte, die zur Saarprovinz gehört haben. Auch im
zugrundeliegenden Edikt von 1685 wurde ihr Umfang nur grob benannt. Nach wie vor gilt
daher der Versuch des Historikers Textor die damaligen Grenzen
der Saarprovinz zu beschreiben, als der bisher gelungenste. Demnach gehörten zur
Saarprovinz:
- das deutsche Bellistum des Herzogtums Lothringen
- die Grafschaft Saarwerden
- die Grafschaft Bitsch
- die Festung Homburg
- das Herzogtum Zweibrücken (ohne Oberamt Bergzabern)
- die Grafschaften Saarbrücken und Ottweiler
- die Grafschaft Sponheim
- die Herrschaft Ebernburg
- die Wild- und Rheingrafschaft
- die Grafschaft Leiningen
- die Grafschaft Falkenstein
- die Grafschaft Veldenz
- die Herrschaft Lauterecken
- die Herrschaft Blieskastel
- die Herrschaft Oberstein
- das ehemals kurtrierische Amt St. Wendel
- die Herrschaft Finstingen
- die Herrschaft Saarwellingen
- die Besitzungen der Herren von Hagen zur Motten (teilweise)
- die Besitzungen der Herren von Kerpen (teilsweise)
- das Dorf Michelbach, zum Stift St. Simeon Trier gehörig
- die Herrschaft Dagstuhl
- die Herrschaft Freudenberg
- die Vogtei Hamm
- die Herrschaft Schallodenbach
- die Herrschaft Dahlberg
(Herrmann, op. cit., 455 f)
Sie umfaßte fast ausschließlich deutsches Sprachgebiet. |
|
 Die blaue Linie zeigt die Grenzen der
Saarprovinz
Die rote
Fläche zeigt die heutige Ausdehnung des Saarlandes.
|
Für die bisherigen Landesherren brachte die Unterwerfung unter
französische Souveränität viele Nachteile, die sie notgedrungen
akzeptieren mußten, wollten sie nicht von ihrem Besitz vertrieben werden:
- Verlust der Finanzhoheit
- keine Verfügungsgewalt mehr über ihre Untertanen
- Ausbau der Bürokratie und strenge Überwachung durch königliche Beamte
- Einkommenseinbußen durch Aufhebung der Zollgrenzen innerhalb der Reunionsgebiete
- Einkommenseinbußen durch Abschaffung bisheriger Abgaben wie Geleitgeld und Soldatengeld
- Einkommenseinbußen durch Herabsetzung der Schatzung um zwei Drittel im Vergleich zu
1672
- Einkommenseinbußen durch Aufhebung der Leibeigenschaft
- Einkommenseinbußen durch Wegfall des Loskaufgeldes
- Einkommenseinbußen durch Herabsetzung der Frondienste um 75 %
- Einkommenseinbußen durch Beschränkung des herrschaftlichen Weiderechts auf ein Viertel
des gesamten Weidelandes
- Kontrolle der herrschaftlichen Ausgaben durch königliche Beamten
- Verlust der Gerichtshoheit und des Reichskammergerichts als Berufungsinstanz
- Ersetzung der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. durch das französische Strafrecht
- Einführung der französischen Währung, Münzen, Maße und Gewichte
Nach Herrmann, op. cit., 457 war eine der vordringlichsten Aufgaben der französischen
Beamten die Wiederbesiedelung der im 30-jährigen Krieg und
auch noch danach verheerten Landstriche und die Vermehrung der noch vorgefundenen
Bevölkerung. Daneben wurde trotz garantierter Religionsfreiheit eine verstärkte Rekatholisierungskampagne gestartet, mit dem Ziel,
alle protestantisch gewordenen Orte wieder katholisch zu machen. Dies versuchte man durch
Schikanen und Druckmittel gegen Protestanten, ihre Pfarrer und vor allem gegen Reformierte
(die ja in Frankreich nach der Aufhebung des Edikts von Nantes rücksichtslos verfolgt
wurden) zu erreichen. Frankreich setzte sogar einen Nutzungsanspruch der Katholiken auf
protestantische Kirchen durch, was im Frieden von Rijswijk
nochmal garantiert wurde.
Neben den oben genannten Nachteilen gabe es auch eine Reihe handfester Vorteile:
- Aufschwung des Handels wegen der jetzt fehlenden Zollschranken
- Entstehung neuer Märkte
- Aufrechterhaltung der Wirtschaftsbeziehungen zu den benachbarten Reichsgebieten
- Verbesserung der Infrastruktur (v. a. Straßenbau)
- Einrichtung regelmäßiger Postverbindungen.
Auch für die Untertanen hat sich durch die oben genannten Maßnahmen
einiges geändert:
- keine Leibeigenschaft mehr
- kein Loskauf von der Herrschaft mehr
- 75 % weniger Frondienste
- größere Weiderechte
Allerdings kamen neue Abgaben hinzu, sodaß sie unterm Strich nicht viel weniger
belastet waren als vorher.
Das Ende der Saarprovinz kam mit dem Frieden von Rijswijk (1697),
als Frankreich alle reunierten Gebiete (außer im Elsaß!) wieder herausgeben mußte und
die früheren Landesherrschaften wiederentstanden, so auch die Grafschaft
Nassau-Saarbrücken.
Benutzte Literatur:
- HOPPSTÄDTER, Kurt / HERRMANN, Hans-Walter (Hrsg.): Geschichtliche Landeskunde
des Saarlandes. Band 2: Von der fränkischen Landnahme bis zum Ausbruch der französischen
Revolution. Saarbrücken 1977, S. 444 ff
- KAUFMANN, Hermann: Die Reunionskammer in Metz. In: Jahrbuch der Gesellschaft für
lothringische Geschichte und Alterztumskunde 11 (1899), S. 1 - 313
- PIQUET-MARCHAL, Marie Odile: La Chambre de Réunion de Metz. Paris 1969 (=
Travaux et recherches de la faculté de droit et des sciences de Paris. Sßerie Sciences
historiques. 17)
Zurück zum Anfang des Dokuments
Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Zur Mindmap
Zum Kapitel: "Die Saarprovinz"
Hier können Sie eine eMail an den Autor
schreiben!
© Paul Glass, Dorfstr. 35, D - 74427 Fichtenberg-Erlenhof, Germany