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Extra-Info:

Franz Carl DERCUM, Ensheimer Bürgermeister 1813 - 1819


Franz Carl Dercum [auch: Derkum] kam mit seinem Vater aus dem Rheinland über Koblenz, den Hauptsitz derer Von der Leyen, nach Blieskastel, um hier den Dienst im Haus der Grafen von der Leyen aufzunehmen. Er stammte aus dem rheinischen Adendorf, das damals ebenfalls den Grafen von der Leyen gehörte und ist 1768 als Schüler in Koblenz nachgewiesen. An den Universitäten in Bonn* und Heidelberg studierte Dercum Rechtswissenschaft, Kameralistik, Geschichte, Mineralogie und Archäologie.

In Blieskastel arbeitete er ab 1788 in der Gräflich-leyenschen Kanzlei, bevor er 1792 Gräflich-leyenscher Archivar wurde, der u. a. für die Überführung des Familienarchivs nach Waal zuständig war. Dercum erlebte sowohl den Aufschwung des Hauses von der Leyen als auch dessen Niedergang im Gefolge der revolutionären Wirren nach 1793. Er selbst musste sich 1793 wie Reichsgräfin Marianne vor den Revolutionstruppen in Sicherheit bringen und emigierte nach Heidelberg, das er ja schon von seinem Studium her kannte. Allerdings wagte er nach Beruhigung der innenpolitischen Lage bereits 1994 die Rückkehr nach Blieskastel. Wie viele frühere Amtsträger der vorrevolutionären Zeit zeigte er sich sehr flexibel und erkannte die neuen Autorität ohne Wenn und Aber an, was schließlich von den Franzosen auch honiert wurde: In den Jahren 1798 und 1802 war Dercum nachweislich juge de paix (Friedensrichter) im Kanton Blieskastel, das zum neuerrichteten Saardepartement gehörte.  1801 wurde er Mitglied der Gesellschaft für nützliche Forschungen im Departement de la Sarre und begann wenig später auch eine Karriere als Kommunalbeamter:

Daneben engagierte er sich auch in der Regionalforschung:

In Blieskastel ist er für die Jahre 1793 bis 1798 sicher nachgewiesen. Im Katholischen Kirchenbuch von Blieskastel sind folgende Angaben notiert:

[Franz] Carl DERCUM, Archivar bei dem Grafen von der Leyen
[
* 16.05.1763 auf Schloss Adendorf / Rheinland]
[+ 03.05.1825 Blieskastel]
oo 

Anna Regina WEIDMANN

Kinder:

 


Dercum taucht gleich mehrfach in den Ensheimer Zivilstandsregistern auf, erstmals am 3. Ventose des Jahres IX der Französischen Republik (=  21. März 1801) als Trauzeuge beim Ensheimer Notar und Bürgermeister Franz Xaver BREUNIG, mit dem es offenbar verwandtschaftliche Beziehungen gab, die noch geklärt werden müssen. Breunigs Vater Amor war mit Margaretha WEIDMANN verheiratet, die höchst wahrscheinlich mit Anna Regina WQEIDMANN verwandt war. Das genaue Verwandtschaftsverhältnis muss noch geklärt werden. Margaretha WEIDMANN wurde ca. 1726 geboren (Geburtsort noch nicht bekannt) und starb am 30.01.1803 in Rohrbach am Gießhübel (heute eingemeindet ins badische Eppingen).


Dercum löste im Jahre 1813 den bei der Ensheimer Bevölkerung offenbar verhassten Breunig als Bürgermeister ab und führte das Amt zunächst kommissarisch. Breunig musste sein Amt aufgeben, als die Franzosen angesichts der herannahenden preußischen und russischen Truppen während der Befreiungskriege ihr Heil in der Flucht suchten. In der Ortschronik Ensheim wird Breunig wenig ehrenvoll als "Günstling der Franzosen" (Wilhelm/Wilhelm) beschrieben. Obwohl auch Dercum mit den Franzosen gemeinsame Sache gemacht hatte und von ihnen ein gutes Jahrzehnt vorher als Friedensrichter in Blieskastel eingesetzt worden war, verstand er es, sich und seinen Posten in die neue Zeit nach der Franzosenherrschaft hinüberzuretten. So befürwortete er stark die Angliederung der Gemeinde Ensheim an den bayerischen Rheinkreis, wofür er das Amt als Ensheimer Bürgermeister auch in der bayerischen Ära zunächst weiterführen durfte. Erst im Jahre 1819 wurde er von dem in St. Johann geborenen Jakob Remlinger als Bürgermeister abgelöst. 

Offenbar übernahm er danach die Funktion eines Königlichen Bayerischen Friedenrichters an seiner alten Wirkungsstätte in Blieskastel, wo er am 3. Mai 1825 starb.

N.B.

Im katholischen Kirchenbuch Blieskastel wird noch ein anderer Namensträger erwähnt:

Lorenz Anton DERCUM, Kammerherr am Hofe der Grafen von der Leyen in Blieskastel
oo
Maria Theresia VON SAVELSBERG, Witwe, + 27.06.1789 Blieskastel

Bei ihm handelt es sich  mit ziemlicher Sicherheit um Carl Dercums Vater, der als Kammerherr ebenfalls im Dienst der Reichsgrafen von der Leyen stand.. 
 


* Die Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn wurde erst 1818 gegründet. Derkum (damals noch mit 'k' geschrieben) studierte an der Kurkölnischen Akademie Bonn, die nur von 1777 bis 1798 bestand, da sie im Laufe der Eingliederung des linken Rheinufers an Frankreich geschlossen wurde. Dort hatte sich Franz Karl Derkum am 11. Dezember 1781 für Jurisprudenz eingeschrieben (Frdl. Mitteilung von David Röhrig, Universitätsarchiv Bonn vom 12.11.2015).

Literatur:


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© Paul Glass 2015

Last update: 17.11.2015