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Extra-Info: Die Auswanderung nach Österreich-Ungarn


Die Auswanderungen nach Österreich-Ungarn waren eine unmittelbare Folge der Ausbreitung der Habsburger Herrschaft im Donauraum.

Im Jahre 1723 erließ der österreichische Kaiser Karl VI das erste Ansiedlungspatent für die Besiedlung des Banats, einer Landschaft, die fünf Jahre zuvor unter österreichische Militärverwaltung gestellt worden war. Mit diesem Ansiedlungspatent wollte Österreich den Wiederaufbau der Region nach den Türkenkriegen beschleunigen, was tatsächlich durch die große Zuwanderung im Rahmen mehrerer Einwanderungswellen auch gelang. Diese Zuwanderung wurde übrigens auch religiös motiviert; die Neusiedler sollten in ihrer neuen Heimat eine "Vormauer der Christenheit" bilden. Übrigens galt dieses Ansiedlungspatent nur für Katholiken! Neben den später Banater Schwaben genannten deutschen Siedlern wurden auch Franzosen, Italiener und Spanier als Kolonisten angeworben. Erst nach dem Toleranzedikt Josephs II 1782 war auch die Zuwanderung von Nichtkatholiken möglich.

Die heute noch existierenden Dörfer weisen wegen dieser staatlich geförderten Einwanderung meist einen planmäßigen Grundriß auf. Offenbar waren die Landesherren im Südwesten Deutschlands nur bereit, die Auswanderungswilligen gegen entsprechende Gebühren ziehen zu lassen. 1729 beispielsweise bat der österreichische Kaiser den Kurfürsten von Mainz, die Auswanderer "nicht allein mit der Nachsteuer nicht zu überlegen, sowie sie ohne Mauth, Zoll Aufschlag u. dergl. passieren zu lassen." (Hacker, 96)

Ab 1752 setzte eine weitere starke Auswanderungswelle aus der Saargegend ins Banat und in die nicht weit davon entfernt gelegene Batschka ein. Dreizehn Jahre später forcierte Kaiserin Maria Theresia mit einem weiteren Ansiedlungspatent die Zuwanderung in diese beiden Landesteile.

Im Jahre 1742 wurde im Süden und im Osten des Banats eine besondere Militärgrenze eingerichtet, die bis 1872 unverändert blieb, während die restlichen Gebiete 1778/79 mit dem Königreich Ungarn vereinigt wurden. Zwischen 1848/49 und 1860 wurde das Banat mit den angrenzenden Gebieten als Kronland direkt der kaiserlichen Regierung unterstellt.


Aus Ensheim waren es zum Beispiel die folgenden Auswanderer:

1) Johann Martin Walter, Sohn des Ensheimer Meyers Johannes Walter und Witwer der am 20.05.1760 verstorbenen Anna Maria Bell, Tochter des Steinmetzen Christian Bell und der Anna Maria Schmidt aus Brenschelbach; 1764 ins Banat ausgewandert

2) Johann Matthias Untersteller, Sohn von Andreas U. und Margaretha Werndorff, Ensheim; * 01.10.1720 Ensheim, 1764 ins Banat ausgewandert

3) Michael Untersteller, Sohn von Andreas U. und + Margaretha Werndorff, Ensheim; * vor 1712; nach 1765 nach Pesth / Ungarn ausgewandert


Im Jahre 1782 erweiterte Maria Theresias Sohn und Nachfolger, Kaiser Joseph II, die Erschließung der östlichen Landesteile, als er ein Ansiedlungspatent auch für Galizien und Bessarabien veröffentlichen ließ. Österreich hatte Galizien bereits zehn Jahre zuvor als Beute im Rahmen der 1. Polnischen Teilung erhalten und zum damals neugebildeten Königreich Galizien und Lodomerien geschlagen. Nach Galizien wanderten vor allem deutsche Kolonisten ein, insbesondere protestantische Pfälzer, denen mittlerweile Religionsfreiheit garantiert worden war. Die österreichischen Anwerbe-Maßnahmen für Galizien waren offenbar so erfolgreich, daß man die vielen Bewerben gar nicht mehr alle unterbringen konnte und sogar zeitweise die Grenze sperren mußte! Hacker, 96 gibt die Zahl der für eine Reise von der Pfalz nach Galizien zu veranschlagenden Stunden mit 500 an.

Seit 1786 erhob Österreich auch Anspruch auf die Bukowina, die bis 1849 dem österreichischen Herrschaftsbereich einverleibt wurde. Um diesen Anspruch zu untermauern, wurde auch in der Bukowina aktive Bevölkerungspolitik betrieben: seit 1787 wurde die Zuwanderung in diesen Landesteil forciert. Nach der 3. Polnischen Teilung von 1795, die Polen als Staat endgültig von der damaligen politischen Landkarte tilgte, wurde Galizien noch um weitere Gebiete vergrößert (durch Neu-Galizien, den Norden Kleinpolens mit Krakau und das Gebiet zwischen den beiden Flüssen Weichsel und Bug). Der Höhepunkt der Galizien-Einwanderung war zwischen den Jahren 1782 und 1787.

Ab dem Jahr 1790 kommt es immer wieder zu Wanderungsbewegungen aus der Saargegend und der Pfalz in die östlichen Landesteile Österreichs, meist durch Siedler, die von früher ausgewanderten Familienangehörigen und / oder Verwandten zu diesem Schritt ermuntert worden waren. Diese Auswanderungen sind ähnlich wie die Auswanderungen nach Nordamerika, Brasilien und Algerien meist stark abhängig von der sozioökonomischen Entwicklung im Heimatland. Starke Wanderungsbewegungen sind dokumentiert für die Periode der Napoleonischen Kriege und das Jahrzehnt danach, insbesondere für die Jahre 1802 bis 1805, 1816 bis 1818 und 1824 bis 1826. In der Zeit der Napoleonischen Kriege gerät im übrigen die Nordamerika-Auswanderung ins Stocken, weil die von Napoleon erzwungene Kontinentalsperre Überfahrten von Europa nach Übersee verhindert.


Quellen:


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