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Extra-Info: Die Auswanderung nach Nordamerika


Die Auswanderung aus deutschen Landen nach Nordamerika setzte bereits im 17. und 18. Jahrhundert ein, insbesondere nach Pennsylvania, das bis zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775 - 1783) eine Kolonie des britischen Königreichs war. Bekanntlich wurden die Briten in diesem Krieg indirekt durch einzelne deutsche Landesherren unterstützt, indem diese ihnen Soldaten für den Einsatz in den Überseekolonien verkauften. Damals war die Verkauf von Untertanen eine wichtige Geldquelle für die stets geldbedürftigen regionalen Potentaten.

Eine erste Ausreisewelle aus der Pfalz nach Pennsylvania fand im Jahr 1709 statt, als wieder einmal ein Krieg für Schrecken und Elend unter den Bewohner in der Pfalz und den angrenzenden Gebieten sorgte: der Krieg zwischen Frankreich und Österreich um die Spanischen Niederlande. Wie Hacker, 90 berichtet, trieb der Hunger "solche Massen protestantischer Pfälzer 'ins Neue Land', Pennsylvanien, gelegentlich auch Karolina, daß die Bezeichnung 'Palatines' dort für alle südwestdeutschen Einwanderer üblich wurde." Bis 1776 mußten übrigens alle Einwanderer nachweisen, daß sie keine Katholiken seien!

Die damalige Reiseroute umfaßte nach Hacker, 91 folgende Stationen:

Besonders starke Auswanderungswellen nach Nordamerika fanden in den Jahren 1732, 1736, 1744, 1749-54, 1764, 1773 und 1796 statt - und dies, obwohl die Auswanderung aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation generell verboten war. Zum einen gab es immer wieder Ausnahmen, sei es, daß die Landesherren Geld brauchten und von den Auswanderungswilligen abkassierten, sei es, daß man mißliebigen Untertanen den Abzug gestattete, um sie endlich loszuwerden oder sei es, daß sich viele Auswanderer heimlich "auf die Socken machten" und ihrer Heimat im Dunkel der Nacht den Rücken kehrten. Dies war vor allem in den grenznahen Gebieten, etwa zu Frankreich, sehr leicht zu bewerkstelligen. Auffallend ist allerdings bei diesen Auswanderungswellen, daß es offenbar immer kriegerische Ereignisse in der Heimat und deren Auswirkungen waren, welche die Leute außer Landes flüchten ließen, sei es, um das nackte Leben zu retten, sei es, um endlich ein Leben in Frieden und Freiheit führen zu können. Auch waren viele dieser frühen Auswanderungen nach Nordamerika religiös motiviert: Nordamerika galt als eine Oase, in der Religionsfreiheit von Anfang an gewährt wurde, so verwundert es nicht, daß unter den Auswanderern vor allem Protestanten, Reformierte und Mennoniten (Wiedertäufer) waren.

Bedingt durch die alternativen Ziele in Osteuropa, vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, und durch die napoleonische Kontinentalsperre ab 1806 war die Nordamerika-Auswanderung in den beiden Jahrzehnten um die Jahrhundertwende wieder abgeebbt, um aber nach dem Fall Napoleons und der politischen Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongreß 1815 wieder zuzunehmen. Die durch Unwetter und Hagelschlag und Kriegsereignisse verursachten Ernteausfälle der Jahre 1814 und 1815 führten im Zusammenhang mit den beiden Hungerjahren 1816 und 1817 zu einer neuerlichen Auswanderungswelle, die neben alternativen Auswanderungszielen vor allem viele Auswanderungswillige nach Nordamerika brachte. Die Zahl der Nordamerika-Auswanderer stieg von Jahr zu Jahr an, bis zwischen 1837 und 1840 eine Wirtschaftskrise in den USA zu einem vorübergehenden Rückgang der Auswanderungen führte. Die zunehmende Not und Verarmung großer Bevölkerungsteile in den 1840er Jahre beschleunigte allerdings wieder die Wanderbewegung nach Nordamerika, die nach dem Scheitern der Deutschen Revolution von 1848/49 jetzt auch zum Teil politisch motiviert war: die USA galten als DAS Land der bürgerlichen und politischen Freiheit und waren deshalb sehr attraktiv für politisch enttäuschte Menschen aus Südwestdeutschland.

1848 tritt ein weiteres Motiv hinzu: der Wunsch, schnell und ohne große Mühe reich zu werden, wie es beispielsweise die Meldungen über die Goldfunde in Kalifornien verheißen. Der Goldrausch machte seinem Namen alle Ehre und berauschte die Hirne vieler junger Männer, die oft genug Hab und Gut, Frau und Familie zurückließen, um nur ja schnell genug nach Amerika zu kommen und dort ihr persönliches Glück machen wollten.

Zwar war die Auswanderung nach wie vor in den meisten deutschen Ländern offiziell verboten, doch verhinderte dies nicht die Gründung eines Zentralvereins für Auswanderung im Jahr 1848 - der sich die Förderung und Erleichterung der Auswanderung auf die Fahnen geschrieben hatte. Auch war die Werbung für die Auswanderung offiziell verboten, doch über diese Bestimmung setzten sich die Reeder, Agenten und Werber immer wieder hinweg.

Im Jahr 1850 verabschiedete der amerikanische Kongreß zwar schärfere Einwanderungsbestimmungen, aber dennoch strömten immer mehr Menschen ins Land, oft angeworben von amerikanischen Arbeitgebern wie den großen Eisenbahngesellschaften, die dringend billige Arbeitskräfte brauchten für die rasche Expansion ihrer Unternehmen.

Inzwischen ist auch die Überfahrt nicht mehr ganz das Abenteuer der frühen Einwanderungsjahre, weil die Schiffe besser ausgestattet und sicherer geworden sind und die Reise somit auch komfortabler geworden ist. Jetzt gab es sogar feste Schiffahrtspläne, wodurch also die zuvor so lästigen Wartezeiten in den Einschiffungshäfen wegfielen. Durch die Konkurrenz vieler Schiffsgesellschaften waren auch die Preise für die Überfahrt gefallen, so daß sich immer mehr Ausreisewillige die Passage nach Nordamerika leisten konnten.

Die Nordamerika-Auswanderung ist ein guter Trendmesser für das Auf und Ab der Auswanderungsbewegung, die immer ziemlich abhängig war von der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung hüben wie drüben. Besonders gut ablesen läßt sich dies beispielsweise in den 1850er Jahren: Zwischen 1853 und 1854 stieg die Zahl der Auswanderer aufgrund weiterer Mißernten in der Heimat stark an, in den beiden Jahren danach nahm sie wieder ab, weil die USA wieder mal von einer ernsten Absatzkrise erfaßt worden waren. Einen weiteren Dämpfer erfuhr die Immigrationsbewegung in die USA in den Jahren 1861 bis 1865, als in dem angeblich so friedlichen Land ein richtiger Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten ausgebrochen war. Wie Landau / Merks-Krahforst, 11 berichten, kämpften in diesem Krieg viele deutsche Einwanderer auf der Seite der Yankees, der Nordstaaten also, teilweise in rein deutschen Kompanien.

Nach dem Krieg nahm die Einwanderung in die USA wieder zu, zumal inzwischen (1862) ein neues Gesetz, der sog. Homestead-Act, die Niederlassung und Einbürgerung in den Staaten erheblich vereinfacht: Wenn ein Siedler sein Land fünf Jahre lang bebaut hat, geht es in sein Eigentum über. Diese sehr vorteilhafte Regelung - die übrigens vollkommen zu Lasten der indianischen Ureinwohner umgesetzt wurde - lockte sicherlich sehr viele neue Einwanderer nach Nordamerika.

Nach einer vorübergehenden Dämpfung der Einwanderungsbewegung aufgrund einer neuerlichen Wirtschaftskrise in den Staaten (1873), führte der starke wirtschaftliche Aufschwung der 1880er Jahre zu einem enormen Anstieg der Zuwandererzahlen. Weil sich offenbar immer mehr europäische Staaten per Zwangsauswanderung ihrer mißliebigen Staatsbürger ("Strauchdiebe und Gesindel") entledigen, verhängten die USA im Jahre 1881 rigorose Einwanderungsverbote für

Als im Jahre 1891 die amerikanische Binnenwanderung nach Westen von der damaligen Regierung für beendet erklärt wurde, war dies kein Signal für eine Abnahme der Einwanderung. Im Gegenteil: durch die jetzt einsetzende Einwanderung in die neuen Industriestädte waren für viele Auswanderer neue Ziele und neue Hoffnungen entstanden.

Nach der Jahrhundertwende wurden immer schnellere Dampfschiffe auf den Weg nach Amerika geschickt, welche die Reisezeit nochmal enorm verkürzten und zudem die Reisekosten billiger werden ließen.

 


Aus Ensheim wanderten im Laufe des 19. Jahrhunderts folgende Einwohner und Bürger nach Nordamerika aus:


Quellen:


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