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Extra-Info: Auswanderungsverbot der pfalz-baierischen Landesadministration am linken Rheinufer vom 17. Juni 1816


Verordnung, die Auswanderungen betreffend

Aus amtlichen Berichten sowohl als den häufigen Gesuchen um Erlaubniß auswandern zu dürfen, welche die Zahl der sonst gewöhnlichen Fälle dieser Art weit übersteigen, ergiebt sich die Vermuthung, daß unerlaubte Einwirkung fremder Agenten thätig ist, den ohnehin leichtgläubigen Landbewohner zu verführen und über sein wahres Interesse durch falsche Vorspiegelungen irre zu leiten; so wie die Nothwendigkeit polizeiliche Verfügungen eintreten zu lassen, diesem Unfuge zu steuern.

Man hat demnach in Anwendung allgemeiner Grundsätze, besonders aber unter Berücksichtigung der im Königreich bestehenden Gesetze nachstehende Verordnung zu erlassen sich bewogen gefunden:

  1. In der Regel sind alle Auswanderungen, ohne Unterschied der Person, des Geschlechts und Gebietes, wohin sich der Auswandernde begeben will, verboten.
  2. Ausnahmen von dieser Regel können jedoch in einzelnen Fällen und bei besonders zu berücksichtigenden individuellen Lagen und Umständen gestattet werden.
  3. Jeder Unterthan, der auszuwandern Willens ist, hat sein Gesuch bei der betreffenden königlichen Kreisdirektion einzureichen.
  4. Diesem Gesuche muß beigefügt werden:
    a) ein legaler Taufschein
    b) ein Zeugniß der Lokalbehörde über den Vermögensstand
    c) ein solches über die Aufnahme im Auslande
  5. Die Kreisdirektion, bei welcher ein Gesuch eingereicht wird, hat dem Bittsteller das Mißliche eines solchen Ueberzugs begreiflich zu machen, und ihm dabei zu bedeuten, daß er dadurch auf alle diesseitige Unterthanenrechte verzichte und die Gewährung nur unter der ausdrücklichen Bedingung erfolgen könne, nie mehr in den königlichen Landen aufgenommen zu werden; dann aber, wenn darauf bestanden wird, das Gesuch nach vorgängiger Instruktion berichtlich der königlich Landes-Administration einzubefördern, und dabei sorgfältig alle Umstände ins Klare zu stellen, die für oder gegen die Bewilligung desselben sprechen.
  6. Jeder Beamte, welcher ohne diese erforderte Bewilligung Reisepässe ausstellt, ist für allen daraus entspringenden Nachtheil verhaftet.
  7. Eine Auswanderung, welche ohne ertheilte Bewilligung versucht wird, zieht den Verlust des Vermögens Kraft der bestehenden Landes-Verordnungen nach sich.
  8. Unter dem Begriff der Auswanderung wird die Ansässigmachung und Verehelichung im Auslande verstanden, und sind die deßfallsigen Bestimmungen auf Wandernde nicht anwendbar.
  9. Die Ausfolgung von Erbschaften und Vermögens-Antheilen an wandernde Handwerksbursche ist dahingegen ausdrücklich, bei Strafe des Selbstersatzes, verboten.
  10. Die königlichen Kreisdirektionen, die Lokal- und Polizeibeamten sind angewiesen, die Vollziehung des Gegenwärtigen zu sichern; so wie auf alle Agenten und Anstifter solcher Auswanderungen ein wachsames Auge zu haben, und solche betretenden Falls in Verhaft nehmen zu lassen; und soll diese Verordnung zur allgemeinen Kenntnis gebracht, auch besonders gedruckt, und in allen Gemeinden auf die gewöhnliche Weise bekannt gemacht werden.

Speier, den 17ten Juni 1816

Die königl. baierische Landes-Administration am linken Rheinufer,

v. Zwackh


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