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7. Die Wichtel vom Gumberstein

Im Escherstale wohnte in einer bescheidenen Hütte ein armer Köhler. Eines Tages saß er vor der Tür auf einem Buchenklotz und verzehrte sein Abendbrot. Es bestand aus Sauermilch und Schwarzbrot. Als er sich gesättigt hatte, stellte er die Speise beiseite. „Den Rest für die Gottlosen!“ murmelte er vor sich hin und erhob sich, um sein Lager aufzusuchen. Da stand wie aus der Erde gewachsen ein kleiner grauer Mann vor ihm, ein zierliches Kerlchen, das ihm kaum bis an die Knie reichte. Mit einem zarten Stimmchen bat es ihn um ein bisschen Essen. Der Köhler betrachtete verwundert das merkwürdige Geschöpf mit dem dicken Kopf, das mit seinem knorrigen Eichenstock ungeduldig im Laub herumstocherte. Der scheint wirklich Hunger zu haben, dachte sich der Köhler, und er reichte ihm, was von seinem Abendessen übrig war.

Der Buchenklotz, der dem Köhler zum Sitz gedient hatte, passte für das Männlein gerade als Tisch. Bedächtig stellte es die Milch vor sich hin, teilte den Brotrest in kleine Stückchen, tauchte sie ein und schmatzte an dieser Labe, bis alles aufgegessen war. Dem Köhler machte es Vergnügen zuzusehen. Mittlerweile war die nacht angebrochen. Er ist gewiss nicht von hier und wird noch weit zu laufen haben, meinte der Köhler bei sich. Da kann es vorkommen, dass der Kümmerling über einen Felsen stolpert und den Hals bricht, oder dass die Wölfe ihn fressen. Dies bedenkend, bot er dem Kleinen in seiner Hütte ein Nachtlager an. Er schichtete ihm in einer Ecke dürres Buchenlaub auf, reichte ihm auch seinen alten Mantel als Decke. Der Graue nickte und machte es sich bequem. Nachdem der Köhler die Hütte verriegelt hatte, streckte er sich auf seinem Strohsack aus und schlief ein.

So mochte er an drei Stunden geschlafen haben, da wurde er geweckt. Jemand zupfte ihn am Schnurrbart, damit er wach würde. Verwundert richtete er sich auf. Vor ihm stand der kleine Mann mit einer brennenden Kienfackel in der Rechten.

Erschrick nicht!“ piepste das feine Stimmchen ihm entgegen. „Ich bin der Wichtel vom Gumbersteine und will dir zeigen, wo du was finden kannst.

Das ließ sich der Köhler nicht zweimal sagen. Hurtig sprang er auf die Beine, nahm Hacke und Schnappsack, und folgte seinem Führer in den Wald. Der führte ihn schweigend stundenlang über Berg und Tal nach einer Halde auf der Bischmisheimer Gemarkung. Dort deutete er auf den Boden und sprach: „Hier grabe hinunter, so soll es dein Schaden nicht sein.

Und husch, war der Kleine verschwunden. Da stand nun der Köhler mit seiner Hacke und dem Schnappsack mitten in einem großen, fremden Walde. Es dämmerte schon im Osten. Wie der Köhler um sich her blickte, sah er nichts anderes als Moos, Heidelbeersträucher und knorrige Baumstämme, und er dachte, dass der sonderbare Besuch ihn gehörig gefoppt habe. Immerhin schlug er seine Hacke in das Erdreich, um wenigstens nichts unversucht zu lassen. Hei, da funkelte ihm schon das lauterste Edelerz entgegen, das es geben konnte. Nach ein paar Wochen hatte er sich soviel davon geholt, dass er ein wohlhabender Mann war, und das genügte ihm.

Nun war freilich der Abt von Wadgassen dahinter gekommen, dass der arme Köhler sich irgendwoher aus den Wäldern reiche Schätze geholt hatte. Da der Abt das verbriefte Schürfrecht für die Gegend besaß, sagte er zu dem Köhler mit gar freundlicher Stimme, er würde ihm alles, was er sich geholt hatte, nun mehr gern zu eigen überlassen, wenn er ihm verraten wollte, wo man diese Schätze finden kann. Der Köhler meinte, er selber hätte genug davon und bräuchte weiter nichts, dem Abt aber wolle er gern den Platz zeigen, wo er den Reichtum geholt habe. Und er führte ihn an den Ort. Der Abt ließ eine große Fördergrube anlegen, auch rings auf der Halde nach Erzen schürfen, aber seine Leute fanden überall nur taubes Gestein.

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Quelle: August Diehl: Saarlandsagen. Ein deutsches Volksbuch für Jung und Alt. Würzburg: Amend 1934, S. 41 - 43


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Last update: 27.12.2004