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2.6 Das politisch-kulturelle Leben in Ensheim im Überblick


Extra-Info: Die Debatte um die Oskar-Orth-Straße in Ensheim


Stellungnahme der Bezirksbürgermeisterin Annette Hübinger (CDU), vorgetragen bei der entscheidenden Bezirksratssitzung am 07.03.2001 in der Sport- und Kulturhalle Ensheim


Auflistung der Bemühungen um Unterlagen

  1. Bundesarchiv in Koblenz
  2. Protokoll der Stadtratssitzung in Homburg von 1997, sonstige Unterlagen
  3. Über Pressestelle Stadt: Auszug aus Magisterarbeit von Braß, Vortrag von Orth von 1939, Beiträge zur Regionalgeschichte von Braß
  4. Magisterarbeit von Braß
  5. Vortrag von Braß, 1997
  6. Gespräch mit Christoph Braß vom 13.2.2001
  7. Schreiben des Dekans der medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes vom 22.2.2001
  8. Presseberichte

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte in die Problematik um die Straßenbenennung "Oscar Orth" kurz einführen.

Aufgrund der Berichterstattung vom 13. Oktober 2000 in der Saarbrücker Zeitung wurde die Straßenbenennung "Oscar Orth" in Ensheim in die Tagesordnung des Bezirksrates Halberg am 8. Nov. 2000, also auf die der Berichterstattung direkt folgende Bezirksratssitzung, aufgenommen. Diese Ratssitzung wurde wegen der umfangreichen Tagesordnung am 15. November fortgesetzt.

Am 16. Okt. 2000 übersandte der Pressesprecher der Landeshauptstadt Saarbrücken, Mark Diening, per Fax den Protokollvermerk aus der Homburger Stadtratssitzung vom 3. Juli 1997. In einem kurzen Vermerk wies er darauf hin, er werde versuchen, meiner Bitte nachzukommen und ein Exemplar der besagten Magisterarbeit, auf die sich die Berichterstattung in der Saarbrücker Zeitung bezog, zu besorgen.
Am 14. November übersandte Herr Diening per e-mail erste Unterlagen, die zu einer Entscheidungsfindung dienlich sein konnten.
Dies waren: 

Diese Unterlagen konnten zum einen den Ratsmitgliedern vor der Sitzung des Bezirksrates, die einen Tag nach Erhalt der Unterlagen stattfand, nicht übersandt werden und zum anderen reichte die Zeit zu einer ordnungsgemäßen Bearbeitung derselben in der Ratssitzung am 15. Nov. 2000 nicht aus.
Daher wurde aus der Mitte des Rates der Antrag auf Vertagung gestellt.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es um so mehr, dass in der Saarbrücker Zeitung vom 20. November 2000 der Oberbürgermeister den Bezirksrat anmahnt, die Straße umzubenennen. 
Zu einem Zeitpunkt, zu dem dem Bezirksrat Halberg erst 6 Tage besagte Unterlagen zur Verfügung standen.

In der Sitzung am 13. Dez. 2000 wurde der Tagesordnungspunkt "Straßenbenennung Oscar Orth" anhand der bis dahin vorliegenden Unterlagen eingehend erörtert.
Durch eigene Bemühungen des Bezirksrates lag am 23.1.2001 diesem die vollständige Magisterarbeit, die der Pressesprecher nach seinen Aussagen nicht erhalten konnte, dem Rat vor.

Soviel zum zeitlichen Ablauf.

Um einen objektiven Eindruck von der Gesamtpersönlichkeit Oscar Orth's zu gewinnen, sollten neben den gegen ihn erhobenen Vorwürfen um Zwangssterilisationen die Stationen seines Lebens und Wirkens, soweit sie bekannt sind, näher betrachtet werden.

Leben und Wirken von Oscar Orth

Orth wurde am 15. Juni 1876 als Sohn einer Ensheimer Kaufmannsfamilie in Ensheim geboren. Er studierte Medizin in München, Berlin und Heidelberg, wo er 1901 sein Staatsexamen ablegte und promovierte. Seine Assistentenzeit verbrachte er in Ludwigshafen und in Heidelberg.
1905 ließ er sich als Praktischer Arzt in Ensheim nieder. Gleichzeitig übernahm er die Leitung des Betriebskrankenhauses der Papierlackwarenfabrik der Gebr. Adt, das auch der übrigen Bevölkerung zugänglich war.
Damals gelangte er schon in den Ruf, ein ausgezeichneter Chirurg zu sein, selbst bei schwierigen Eingriffen.
1912 übernahm er die Leitung des Krankenhauses in Forbach / Loth., das auch zur Adt'schen Firmengruppe gehörte.
Während des 1. Weltkrieges war er überwiegend als Stabsarzt in Forbach im Krankenhaus, das nun Kriegslazarett war, tätig.

Nach dem Krieg bis 1920 war er als Assistent bei Prof. Völcker in Heidelberg und an der chirurgischen Universitätsklinik in Halle an der Saale tätig.
Von 1920 - 1922 leitete er als Chirurg das städtische Krankenhaus in Landau / Pfalz

1922 [1923?] übernahm er die Leitung des neu geschaffenen Landeskrankenhauses in Homburg und hatte sie bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1947 inne.

Im Landeskrankenhaus Homburg wurden in der Zeit von Ende 1935 bis zu Beginn des 2. Weltkrieges Zwangssterilisationen durchgeführt.

In der Frage der Entnazifizierung von 8 Homburger Dozenten einigte man sich nach langen Verhandlungen zwischen dem Regierungspräsidium und der Ärztekammer einerseits und Colonel Springer, Militärgouverneur Grandval und den französischen Dienststellen in Baden-Baden andererseits dahingehend, die Entbindung vom Lehrauftrag der Dozenten auf  "das Ende des gegenwärtigen Semesters" festzusetzen.

Prof. Orth, als Leiter der Homburger Hochschulkurse, wurde am 15. Aug. 1946 von seinem Lehrauftrag entbunden.
Seine Pensionierung erfolgte am 1. Jan. 1947 (laut SLZ vom 13.8.1958 jedoch erst am 31. Aug. 1947).

Bereits 1930 ehrte die Gemeinde Ensheim Orth mit der Ehrenbürgerschaft. Offiziell verliehen wurde sie Orth in einer Feierstunde jedoch erst am 15. Juni 1946, an seinem 70. Geburtstag, unter Anwesenheit des St. Ingberter Landrates und des französischen Kreiskommandanten Gauthier. Über Gründe, warum dieser Festakt erst 16 Jahre später erfolgte, geben die Unterlagen keine Auskunft.
Die Ehre wurde Orth also nach dem Entnazifizierungsverfahren zuteil.

Am 19.4.1948 fasste der Gemeinderat Ensheim den einstimmigen Beschluss, die Straße, die zum ehemaligen Adt'schen Krankenhaus führt, nach Prof. Orth zu benennen.

1957 wurde Prof. Orth das große Bundesverdienstkreuz verliehen.

Nun zu der Beteiligung Orth's an nationalsozialistischen Verbrechen

1993 gerieten Zwangssterilisationsverfahren im Saarland und insbesondere die Verstrickung Prof. Orths als Leiter des Homburger Landeskrankenhauses in dieselben in die öffentliche Diskussion durch die Magisterarbeit des Historikers Christoph Braß.

Auch der  Landtagssausschuss für Wissenschaft und Kultur beschäftigte sich mit der Problematik um Zwangssterilisationen in Homburg und der Beteiligung von Orth.

Wissenschaftsminister Breitenbach teilte in der SZ vom 5./6. März 1994 mit, dass bei stichprobenartigen Auswertungen von 46 Patientenakten man auf einen Fall gestoßen sei, der belege, dass Orth zumindest in diesem Fall selbst operiert habe. Obgleich eine umfassende Aufklärung über das Verschulden von Orth seitens der Landtagsabgeordneten Beck (SZ 1. Dez. 1993) und von dem Homburger Oberbürgermeister Ulmcke, zuletzt noch in der Homburger Stadtratssitzung vom 3.7.1997, gefordert wurden, gibt es bis heute keine weiteren Erkenntnisse.

Nach den Recherchen ist festzustellen, dass Orth weder Mitglied der NSDAP war, noch deren Machenschaften gut hieß.
Die Nachfrage beim Bundesarchiv in Koblenz, wo alle Akten des Nationalsozialismus lagern, ergab bezüglich Orth keine Erkenntnisse. Vielmehr gibt es glaubhafte Aussagen von Zeitzeugen, die belegen, dass er aus seiner Ablehnung gegen das Hitler-Regime kein[en] Hehl machte (Hans Leyser, "Elmsfeuer", S.229; Dr. Felix Koßmann aus Sbr.; Zeuge vom Hörensagen, der Ensheimer Stadtverordnete, ehemaliger Mitarbeiter und zuletzt Leiter des Ensheimer Rathauses, Gerhard Walter, dem berichtet wurde, dass Orth mit seiner Verhaftung täglich rechnete.)

In meinem Gespräch mit Christoph Braß machte dieser deutlich, dass auch er bei seinen Nachforschungen keinen Hinweis auf eine NS-Parteizugehörigkeit erhalten habe.

Die Wortwahl in der Saarbrücker Zeitung vom 13. Okt. 2000 "Nazi-Handlanger" hält er für verfehlt. 
Mit dieser einseitigen Betrachtungsweise werde man der Person Orth nicht gerecht, so Braß.

Drei Problemkreise, Euthanasie, Zwangssterilisation und Abtreibungen, werden in der öffentlichen Diskussion im Zusammenhang mit dem Wirken Orths als Leiter des Landeskrankenhauses in der Zeit von 1935 - 1939 genannt und sind zu betrachten:

Euthanasie:

Vielfach wird behauptet, jedoch ohne dies beweisen zu können, dass Prof. Orth ein Befürworter von Euthanasie war und er es zu verantworten habe, dass saarländische Patienten dem Euthanasieprogramm des Ntionalsozialismus zum Opfer fielen.

In meinem Gespräch mit Christoph Braß, dem Autor der Magisterarbeit, die den Vorwürfen gegen Orth unter anderem zu Grunde liegt, wurde dieser Problemkreis auch angesprochen. Christoph Braß erklärte, dass er im Zuge seiner Recherchen zu seiner Promotion, die sich mit dem Thema Euthanasie im Saarland befasst, dazu absolut keine Anhaltspunkte gefunden habe. Man tue Prof. Orth großes Unrecht, wenn man ihm dies unterstelle.

Die Klinik Homburg sei zu Kriegsbeginn militärisch geräumt worden. Es sei festzustellen, dass einige Homburger Patienten nach dem Krieg nicht mehr nach Hause kamen, jedoch könne man dies in keinem Fall Orth anlasten. Das Euthanasieprogramm (auch T4 genannt) begann erst, nachdem das Landeskrankenhaus Homburg militärisch geräumt worden sei.

Zwangssterilisationen

Die Grundlage zur Durchführung von Zwangssterilisationen waren Urteile der Erbgesundheitsgerichte, die auf dem "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" basierten. Die Sterilisanden wurden den Krankenhäusern, die zu diesem Eingriff ermächtigt waren, zugewiesen. Im Saarland waren dies das Landeskrankenhaus Homburg, das Kreiskrankenhaus Merzig und das Bürgerspital in Saarbrücken.

Dieses "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" war seinem Ursprung nach nicht nationalsozialistisch, sondern konnte sich auf Schubladenentwürfe aus der Weimarer Zeit stützen (vgl. Till Bastian, Furchtbare Ärzte, Medizinische Verbrechen im Dritten reich, 2. unveränd. Auflage 1996, S. 45)

Es waren modern eingestellte Ärzte, Funktionäre der Wohlfahrtsverbände, Gesundheits- und Sozialpolitiker, die die Eugenik als seriöse Sozialtechnologie darstellten und sie durch eine medizinische, sachlich klingende Rhetorik in die Politikberatung integrierten (siehe Humanität auf Sparkurs. Zustimmung auch in kirchlichen Kreisen: Eugenik zur Zeit der Weimarer Zeit. FAZ Nr. 50 v. 28.2.1996)

Weiterhin baute das nationalsozialistische "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" auf Erfahrungen mit Sterilisationsgesetzen in den USA, in denen seit 1906 auf gesetzlicher Basis Sterilisationen von sog. minderwertigem Leben durchgeführt wurden, auf. (s. Stefan Kühl, "Minderwertige Bevölkerungsteile". Eugenik und Rassenhygiene - ein Teil der Moderne, Vortrag Wintersemester 1997/98 Uni Köln)

Braß geht in seiner Magisterarbeit auf diese Tradition eugenischen Denkens in Verbindung mit Sterilisation als sog. "Sozialpolitik", womit sich alle gesellschaftlich relevanten Gruppen in Deutschland auch bereits vor dem Dritten Reich auseinandersetzten, umfassend ein.

Weiter beschreibt er in seiner Arbeit das von den Nationalsozialisten dichtgewebte Netz zur Erfassung "erbkranker" Bürger und das unseren heutigen Rechtsstaatsprinzipien widersprechende Verfahren vor dem Erbgesundheitsgericht. Beide ließen Menschen, die nicht den Vorstellungen nationalsozialistischen Gedankenguts entsprachen, kaum eine Möglichkeit, diesen Willkürmaßnahmen zu entkommen. (vg. Braß, S. 95: "Das Erbgesundheitsgericht gewichtete die Aussage eines medizinischen Laien, der von der Erkrankung der Frau nur "vom Hörensagen" wußte stärker als die Gutachten zweier Ärzte".)

Auch die Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagten waren sehr beschränkt. Zwar war es zeitweise zulässig, sich vor Gericht durch einen Anwalt vertreten zulassen. Allerdings hatten die Anwälte kein Recht auf Akteneinsicht und konnten vom Verfahren ausgeschlossen und sogar strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie erkennen ließen, dass sie mit der "rassengesetzlichen Erblehrer" nicht übereinstimmten. (vgl. Vortrag Braß)

Aus der Gesamtarbeit von Braß ist deutlich zu erkennen, dass der nationalsozialistische Staat das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" skrupellos mißbrauchte, um sein ideologisches Gedankengut durchzusetzen.

Was die Mitwirkung Orth's bei Zwangssterilisationen anbelangt, so erklärte Braß mir gegenüber, er habe in seiner Magisterarbeit nur Vermutungen geäußert und bewußt den Begriff "Verstrickung" gebraucht, da er keine Beweise gegen Orth habe.

Fest steht jedoch, nach den Erkenntnissen, die durch Sichtung von Patientenakten erzielt wurden, dass Orth zumindest in einem Fall selbst operiert hat. Ob dieser Patientenakte auch zu entnehmen ist, warum Orth in diesem Fall operiert hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Braß geht in seiner Magisterarbeit auf Widerstandsmöglichkeit seitens der Ärzte im Allgemeinen und in seinem uns vorliegenden Vortrag im Besonderen auf 9 in Homburg vorgenommene Rückstellungen von Sterilisationsoperation[en] ein.

Braß bewertet diese 9 Rückstellungen im Verhältnis zu 630 durchgeführten Operationen "nicht unbedingt für ein besonders aktives Eintreten zugunsten der Opfer".

Eine gegenteilige Wertung nahm der Rechtsmediziner Prof. Hans-Joachim Wagner während der Podiumsdiskussion in Homburg (siehe SZ vom 26.6.1997) vor. Wagner vertrat die Ansicht, dass alle Fälle, die Braß aufgeführt habe, klare Rechtsverstöße gewesen seien, die verurteilt werden müßten. Das Faktenmaterial erscheine ihm aber noch nicht ausreichend, um Orth schuldig zu sprechen. Wagner sprach von einer löchrigen Beweisführung. Die neun in Homburg zurückgestellten Personen bezeichnete er als "ungewöhnlich" hohe Zahl.

Auf mein Schreiben vom 5.2.2001 an den Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Müller-Lantzsch, in dem ich den Dekan bat, "Erkenntnisse, die der Universität vielleicht über das Mitwirken von Oscar Prth und seine Schuld im Zusammenhang mit Zwangssterilisationen und Euthanasie (Operationsprotokolle u.a.) vorliegen, dem Bezirksrat als Entscheidungshilfe zur Verfügung zu stellen", antwortet der Dekan am 22.2.2001 wie folgt:

"Leider finden sich an der Medizinischen Fakultät keine Unterlagen aus der Zeit der Tätigkeit in Homburg von Herrn Oscar Orth, die ein Verschulden oder Fehlverhalten rechtfertigen würden."

In meinem Telefonat mit dem Dekan, Prof. Dr. Müller-Lantzsch heute morgen [am 7.3.2001] bezüglich der Wortwahl "rechtfertigen würde", erklärte er mir gegenüber, dass dies so zu verstehen sei, dass der Medizinischen Fakultät keine Akten, die ein Verschulden oder Fehlverhalten belegen, vorliegen. Auch habe er sich bei dem ehemaligen Dekan Prof. Dr. Feifel rückversichert.

Im übrigen verwies er mich an die Stadtverwaltung Homburg.

Auch der Homburger Oberbürgermeister Ulmcke verwies in der Ratssitzung vom 3. Juli 1997 auf die Aussage des Zeitzeugen Rudolf Mallmann, Kirrberg, dass Orth durch Gegengutachten versucht habe, Zwangssterilisationen zu verhindern. (siehe Protokoll der öffentlichen Sitzung des Stadtrates von Homburg am 3. Juli 1997).

Orth sprach sich in seinem Vortrag, den er 1939 bei der 94. Tagung der Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirurgen hielt, gegen eine Sterilisation vor dem 15. Lebensjahr aus. Sterilisation von Kindern war laut einer Durchführungsverordnung zum "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" möglich und wurden auch durchgeführt. (vgl. Ingo Müller, Furchtbare Juristen, Kindler Verlag GmbH München 1987, S. 128). So auch im Landeskrankenhaus Homburg.

In dem oben genannten Vortrag referierte Orth vor allem über die Operationsmethode, die in Homburg bei Sterilisationen angewandt wurde. Bei 630 Sterilisationen bei Frauen kam es zu 2 Todesfällen.
Die Sterblichkeitsrate betrug bei Zwangssterilisationen zu dieser Zeit 5 % (vgl. Ingo Müller, aaO S. 128) 
Diese hohe Sterblichkeitsrate führte dazu, Sterilisationen durch Röntgenstrahlen vorzunehmen. Diese Methode wurde jedoch in Homburg nicht angewandt.

Die Annahme von Braß, dass Zwangssterilisationsverfahren nicht Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren waren, ist nicht richtig. 
In Saarbrücken gab es ein Verfahren gegen einen Regierungsdirektor, der für das Landeskrankenhaus Homburg zuständig war - dessen Namen ich heute hier aus verständlichen Gründen nicht nennen möchte - im Zusammenhang mit Zwangssterilisationen.

Das Verfahren wurde jedoch niedergeschlagen.

Diese Tatsache war dem Verfasser der Magisterarbeit nicht bekannt.
In seiner Arbeit bezog er sich nur darauf, dass Zwangssterilisationen nicht als Verbrechen in Nürnberg zur Anklage kamen mit der Schlussfolgerung, da die Alliierten selbst Sterilisationen durchführten, sodass auch unter den alliierten Anklägern zu diesem Zeitpunkt angesichts der Fülle offenkundiger Greuel das Unrechtsbewußtsein für diesen Tatbestand nicht sonderlich ausgeprägt gewesen sein dürfte. (siehe Magisterarbeit Fußnote 22).

Abtreibungen

Grundlage für eugenisch indizierte Abtreibungen stellte das "Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 26. Juni 1935 dar.

Dieses Änderungsgesetz erlaubte bei Frauen, die vom Erbgesundheitsgericht rechtsgültig zur Sterilisation verurteilt worden sind und die zum Zeitpunkt der Durchführung der Unfruchtbarmachung schwanger waren, den Abbruch der Schwangerschaft bis zum 6. Monat. Voraussetzung laut Gesetz war jedoch die Zustimmung der Frau.
Laut dem Bericht von Strouvelle, einem Oberarzt des Landeskrankenhauses, waren 40 Frauen zum Zeitpunkt der Sterilisation schwanger, wobei nur 3 den Abbruch ablehnten.

Braß bezweifelt in seiner Arbeit wegen des katholisch geprägten Umfeldes die "Freiwilligkeit" der vorgenommenen Abtreibungen. Er spricht aber auch hier nur eine Vermutung aus. (s. Braß, Magisterarbeit, S. 107f)

in seinem Vortrag von 1939 geht Orth auch auf diese Abtreibungen ein und äußert sich dahingehend, dass Schwangerschaften vom 3. Monat ab zugleich mit der Sterilisation durch Kaiserschnitt mit erledigt werden.

[Handschriftlich dazugeschrieben:] Soweit meine Ausführungen

 


Quellen: 

Stellungnahme der Bezirksbürgermeisterin Annette Hübinger (CDU), vorgetragen bei der entscheidenden Bezirksratssitzung am 07.03.2001 in der Sport- und Kulturhalle Ensheim [Manuskript, stellenweise mit handschriftlichen Korrekturen versehen]


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