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2.6 Das politisch-kulturelle Leben in Ensheim im Überblick


Extra-Info: Die Debatte um die Oskar-Orth-Straße in Ensheim


Berichterstattung in der Saarbrücker Zeitung vom 10. August 2001:

Ensheim (fr). Die umstrittene "Oskar-Orth-Straße" in Ensheim wird umbenannt. Dies beschloss der Bezirksrat Halberg am Mittwochabend mehrheitlich ... . Künftig heißt die Straße "Spitalstraße". Denn in unmittelbarer Nähe stand einst das 1891 in Dienst gestellte Krankenhaus. Zur Entscheidung des Rates, die "Oskar-Orth-Straße" umzubenennen, gab es auch diesmal kontroverse Diskussionen. Der Beschluss wurde mit acht Stimmen der SPD und fünf Stimmen der CDU gefasst, wobei der FDP-Bezirksbeigeordnete gegen die Umbenennung stimmte und sich drei CDUler enthielten. Dann gab es aufgrund einer Erklärung von Bezirksbürgermeisterin Anette Hübinger (CDU) ... jedoch erst richtig Wirbel. Dies führte so weit, dass die SPD-Fraktion geschlossen auszog. Der Rat war somit nicht mehr beschlussfähig.

Alles hatte so friedlich bei der Sitzung in der Festhalle Güdingen im Beisein zahlreicher Zuhörer, insbesondere aus Ensheim, begonnen. Die Bezirksbürgermeisterin informierte die 17 anwesenden Bezirksratsmitglieder über Recherchen des Stadtverordneten Kajo Breuer ("Bündnis 90/Die Grünen"). Der hatte in seiner Eigenschaft als Mitglied der "Heinrich-Böll-Stiftung" beim Bundesarchiv in Berlin zur Vergangenheit von Oskar Orth, nach dem die Straße in Ensheim jahrzehntelang benannt war, angefragt. Nach Auskunft des Bundesarchivs war Oskar Orth, der als Arzt in Ensheim und als Leiter des Landeskrankenhauses Homburg wirkte, Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) seit dem 1. Juni 1936 mit der Mitgliedsnummer 690 9753. Außerdem gehörte Oskar Orth seit 26. November 1941 der Reichsärztekammer an.

Das waren wichtige neue Informationen. In der Vergangenheit war stets von der CDU argumentiert worden, man werde bis zur endgültigen Klärung zum eindeutigen Verschulden von Oskar Orth bei Zwangssterilisationen zur Zeit des Nazi-Regimes die Straße in Ensheim nicht umbenennen. Dabei war auch immer wieder die Frage einer möglichen Parteimitgliedschaft von Orth in der NSDAP in Frage gestellt worden. Aufgrund eines Antrages des SPD-Bezirksratsmitgliedes Karl-Heinz Guggenberger befasste sich der Bezirksrat nun schon zum dritten Mal innerhalb der letzten fünf Monate mit diesem Thema. "Wir waren uns schon immer einig, dass der Name von Oskar orth nicht nur mit Positivem zu verbinden ist. Was er uns als 'Botschafter' hinterlassen hat, und was mit seinem Namen verbunden ist, wird in keiner Weise der so viel propagierten Menschenwürde gerecht. Deshalb fordern wir als SPD nochmals nachdrücklich, endlich die Oskar-Orth-Straße in Ensheim umzubenennen", so Guggenberger. CDU-Fraktionsvorsitzender Alfons Schweitzer meinte, es bleibe offen, ob jemals ein gerechtes Bild zur Person von Oskar Orth gezeichnet werden könne. "Die ihm vorzuwerfenden Zwangssterilisationen im Landeskrankenhaus Homburg werfen jedoch einen Schatten auf die Biographie des in Ensheim beliebten Arztes", sagte Schweitzer. Deshalb sollte eine Namensgebung nach Orth im öffentlichen Raum jetzt auch verschwinden. "Aufgrund der vorhandenen Akten sind einige Dinge sicher und andere wiederum unsicher zum Leben und Wirken des Mediziners Oskar Orth", sagte Bezirksbeigeordneter Thomas Escher (FDP). Orth habe im Dritten Reich die Sterilisationen nicht verhindern können. "Hätte er sich geweigert, wäre nicht nur sein Leben, sondern auch die seiner Familie und Freunde in Gefahr gewesen", sagte Escher.

Die weiteren Diskussionsbeiträge der Bezirksratsmitglieder wurden auch schon einmal mit Beifall oder Ablehnung aus dem Zuhörerraum begleitet. Die Abstimmung erbrachte jedoch ein deutliches Ja zur Umbenennung der "Oskar-Orth-Straße" in "Spitalstraße".

Nach dem Beschluss kam es zu einem Eklat, weil Bezirksbürgermeisterin Anette Hübinger (CDU) darauf bestand, eine Erklärung zu einem "SZ"-Bericht vom 4. Juli 1997 vorzulesen, wonach es damals schon ergänzende Hinweise gegeben habe. Dies reichte jedoch der SPD. Es gab lautstarken Protest. Geschlossen verließen die acht anwesenden SPD-Bezirksratsmitglieder den Saal. Damit war die Sitzung geplatzt.

 


Quellen: 


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