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Der Religionsstreit im 16./17. Jahrhundert (Reformation und Gegenreformation) 

am Beispiel der Pfarrei St. Peter, Ensheim-Saar, damals zum Prämonstratenserkloster Wadgassen gehörig, in der Grafschaft Nassau-Saarbrücken gelegen

Voraussetzungen

Verlauf

Folgen

Reformation im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation

Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 können alle Reichsstände und Reichsritter ihr Bekenntnis und das ihrer Untertanen frei wählen. Das galt aber nur für Katholiken und Protestanten, nicht aber für Reformierte wie die Calvinisten.

Das Dorf Ensheim gehört seit 1538 vollständig dem Kloster Wadgassen, das seinerseits seit 1466 den Grafen von Nassau-Saarbrücken (NSB) als Schutzherren untersteht

Der Saarbrücker Graf Philipp III. führt 1581 die lutherische Religion im Rahmen einer neuen Kirchenordnung in seiner Grafschaft ein und versucht dies auch in den benachbarten Klosterherrschaften  wie dem Kloster Wadgassen durchzusetzen.

1618 – 1648: Dreißigjähriger Krieg, ein politisch motivierter Glaubenskrieg in Mitteleuropa

1643 – 1715: Ludwig XIV, König von Frankreich: er will Frankreich zu einer europäischen Großmacht machen (4 Kriege zw. 1666 und 1714)

 

Nach der Einführung der Reformation in der Graftschaft NSB ergibt sich für Ensheim die kuriose Situation, dass der Ensheimer Pfarrer Johannes von Merzig, ein Prämonstratenser aus dem Kloster Wadgassen, in Ensheim Messen nach katholischem und gleichzeitig im Nachbarort Ommersheim nach lutherischem Ritus abhält (1574 – 1583)

1594 – 1601: Cornelius Adelbach, ein Mönch aus Wadgassen, als kath. Pfarrer in Ensheim tätig

1601: Der Saarbrücker Graf verweigert dem Kloster Wadgassen die Zustimmung für seinen neuen für Ensheim vorgesehen Pfarrer und setzt erstmals einen eigenen lutherischen Prediger in Ensheim ein:

1601 – 1603: Quirin Steinbach, lutherischer Pfarrer in Ensheim. Passiver Widerstand der Ensheimer Katholiken, Steinbach resigniert und verlässt Ensheim vorzeitig.

1603 – 1609: Johann Friedrich Landsiedel, lutherischer Pfarrer in Ommersheim, musste Ensheim auf Geheiß der Saarbrücker Grafen mitversorgen, scheitert aber bei der Einführung der Reformation. 1626 wird er tot in einem Weiher aufgefunden.

1609 – 1627: Wenzel Fendius, lutherischer Pfarrer in Ensheim. Er soll die Reformation in Ensheim endlich durchsetzen.

1617: Protestantische Pfarrvisitation in Ensheim

1618: Ergänzung der protestantischen Kirchenordnung für die Grafschaft NSB

1621 und 1624: Weitere protestantische Pfarrvisitationen in Ensheim

1627: Nach dem Tod von Wenzel Fendius unternehmen die Ensheimer einen neuen Vorstoß, wieder einen katholischen Pfarrer zu bekommen. Sie schreiben einen Bittbrief an den Kurfürsten und Erzbischof von Trier und erbitten die Aussendung eines neuen Pfarrers (weil das Kloster Wadgassen keinen Pfarrer stellen könne. Schon zu Beginn der Reformation waren Wadgasser Mönche zur luth. Konfession übergetreten!).

1628 – (ca. 1630): Mathias Klein, ein Prämonstratenser aus Wadgassen, wird als Pfarrer von St. Ingbert verjagt und flüchtet nach Ensheim ins Exil. Die Ensheimer möchten ihn als katholischen Pfarrer behalten, aber 1630 muss er Ensheim wieder verlassen und ist wieder katholischer Pfarrer in St. Ingbert.

1627 – (ca. 1634): Johann Eberhard Weber lutherischer Pfarrer in Ensheim, auf Druck der Saarbrücker Grafen 1630 bestätigt. 1637 ist er Pfarrer in Lützelstein.

1634 – 1636: Die Pest in Ensheim. Die meisten Bewohner fliehen vor Krieg, Krankheit und Elend. Nur einige Familien kehren Jahre später wieder zurück.

1648: Frieden von Münster und Osnabrück: Der luth. Pfarrer von Bischmisheim erhält ein Drittel des Ensheimer Zehnten

1657: Ensheim wird vom Eschringer (luth.) Pfarrer Johann Ludwig Schlosser bis 1665 mitbetreut

1661: Lutherische Kirchenvisitation in Ensheim (»Jugend schlecht im Katechismus«)

1663 und 1665: Weitere Kirchenvisitationen in Ensheim mit besseren Resultaten

1665: Christian Peschke, luth. Pfarrer in Eschringen, betreut die Ensheimer Protestanten mit.

1665 – 1680: Caspar Dropsy, wird vom Bischof von Metz als erster katholischer Pfarrer in Ensheim nach dem 30-j. Krieg eingesetzt. Einführung der ersten Kirchenbücher. Er fällt einem Raubmord zum Opfer.

1679: Friede von Nymwegen zwischen dem deutschen Kaiser und Ludwig XIV: vorläufiges Ende der religiösen Streitigkeiten. Ensheim wird Filiale der protestantischen Pfarrei Bischmisheim: Die (wenigen) Ensheimer Protestanten werden vom Bischmisheimer Pfarrer Georg Gräth mitbetreut.

1680 – 1684: Reunionspolitik Frankreichs, also Einrichtung sog. »Renuionskammern«, die ermitteln sollen, welche deutschen Gebiete früher einmal in irgendeiner Form zu Frankreich gehört haben. Diese Gebiete (darunter die Grafschaft NSB, das Kloster Wadgassen und damit auch das Dorf Ensheim) werden auf diese Weise französisch: Frankreich besetzt die sog. »Reunionsgebiete« und stellt den katholischen Glauben offiziell wieder her

1680 – 1684: Bartholomäus Schenk, Benediktiner aus der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg, wird auf Initiative des frz. Königs kath. Pfarrer in Ensheim. Verlässt Ensheim vorzeitig wegen heftigen Streits mit Teilen der Bevölkerung.

1684 – 1689: Augustin Schranz, Mönch aus Wadgassen, wird auf Vorschlag des Bischofs von Metz vom französischen König in Ensheim als Pfarrer eingesetzt.

1686: Kirchenvisitation in Ensheim im Auftrag des Bischofs von Metz

1689 – 1692: Angelus Schwarz, Prämonstrateneser aus Wadgassen, wird Pfarrer in Ensheim.

1692 – 1697: Ludwig Grentz, Prämonstrateneser aus Wadgassen, wird Pfarrer in Ensheim.

Im Frieden von Ryswijk 1697 muss Frankreich die widerrechtlich annektierten Reunionsgebiete wieder herausgeben, aber die katholische Religion wird beibehalten: Das Dorf Ensheim ist wieder deutsch und bleibt auf Dauer katholisch.

Große soziale Not wegen der Schäden und Verluste im 30-jähr. Krieg: mehrfacher Durchzug verschiedener Heere durch die Grafschaft NSB; mehrfache Kampfhandlungen und große Zerstörungen

Die Grafschaft NSB bleibt auf Dauer protestantisch, die zwangsweise reformierten und unter französischem Einfluss wieder katholisch gewordenen Pfarreien wie Ensheim bleiben auf Dauer katholisch.

Das Kloster Wadgassen profitiert von der Reunionspolitik und kann im Konflikt gegen die Saarbrücker Grafen sowohl auf die Hilfe des französischen Königs als auch später auf die Hilfe des deutschen Kaisers zählen. Dennoch wird es durch die Reformation auf lange Sicht geschwächt und wird sich bis zu seiner Auflösung während der frz. Revolution (1793) nie mehr richtig erholen.

 

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Last update: 22.07.2005                       © Paul Glass 1997 - 2005 ff