Folge 2: Die Entdiphthongierung der
Doppellaute
/au/, /ei/, /eu/
und /äu/
In der zweiten Folge unseres Ensemma Pladd-Sprachkurses widmen wir uns einem weiteren sprachlichen Phänomen, das ebenfalls typisch ist für den Ensheimer Dialekt: der Entdiphthongierung der Doppellaute.
Man versteht darunter die Erscheinung,
dass die schriftdeutschen Doppelvokale in der Regel nicht als Zwielaute
(Diphthonge), sondern als Monophthonge gesprochen werden. Hieraus ergeben sich
die folgenden Kombinationen:
1. Der
Diphthong /au/:
Der Diphthong |au| wird ...
a) ... überwiegend zu |u|
z.B. Muss <Maus>, Luss <Laus>, enuss <hinaus>,
eruss <heraus>; Schdruss <Strauß>, Rupp <Raupe> u.a.
oder |uu| z.B. Muur <Mauer>, Truur
<Trauer>, suur <sauer>; duure <[be]dauern> u.a
b) ... seltener zu |ää|
z.B. dääfe <taufen> u.a.
zu |òò| z.B. Tròòm <Traum>, Bòòm
<Baum> u.a.
oder zu |aa| z.B. daab <taub>, Laab
<Laub> u.a.
oder zu |i|, z.B. briche <brauchen>,
gebriche <gebrauchen> u.a.
Der Diphthong |äu|
wird ...
a) meistens zu |i| z.B. hiffele <häufeln>,
lille <läuten> u.a.
oder zu |ie| z.B. Mies <Mies>, Lies
<Läuse>. Mier|che <Mäuerchen> u.a.
oder b) seltener zu |ää|, z.B.
trääme <träumen> u.a.
oder zu |u|, z.B. schumme <schäumen>
3. Der Diphthong /ei/:
Der Diphthong |ei| wird ...
a) meistens zu |i|
z.B. Winn <Wein>, wiss <weiß>, Pinn <Pein>, Schinn
<Schein>, minn <mein>, dinn <dein>, inn|sääfe
<einseifen>, Wille <Weiden>, va|wille <verweilen> u.a.
oder zu |ie| z.B. fiere <feiern>,
uss|liere <ausleiern> u.a.
b) aber auch zu |ää| z.B. Dääl
<Teil>, Sääl <Seil>, Sääf <Seife>, Grääs <Kreis>
u.a.
4. Der Diphthong /eu/:
Der Diphthong |eu|
wird ...
a) oft zu |i| z.B. Gridds
<Kreuz> u.a.
oder |ie| z.B. Fier <Feuer>, Lied
<Leute>, dier <teuer> u.a.
b) aber auch gelegentlich zu |uu|
z.B. schuure <scheuern> u.a.
Natürlich wäre ja diese sprachliche
Entwicklung zu “einfach”, gäbe es nicht auch in Ensheim Ausnahmen.
So ist in allen vier Diphthong-Gruppen die Entdiphthongierung nicht konsequent
erfolgt, d.h. es wurden einige Diphthonge, wenn auch in veränderter Form,
weiter aufrecht erhalten:
1.Der Diphthong |au| wird zum Diphthong |ou| z.B. rouh <rauh>, schlou <schlau>.
2. Der Diphthong |äu| wird zum Diphthong |äi|: Gäil <Gäule>, Gnäil <Knäuel>.
3. Der Diphthong |ei| wird ebenfalls zum Diphthong |äi|: Schäib <Scheibe>, Läib <Leib>, dräi <drei>.
4. Der Diphthong |eu| wird zum Diphthong |äi|: häid <heute>, beräije <bereuen> und zum Diphthong |ou|: nou <neu>, schou <scheu> und oua <euer>.
Anhang: Übersicht über die Aussprache der Monophthonge (und Diphthonge) im Ensemma Pladd:
Doppelvokal schriftdeutsch |
Schreib- |
Aussprache |
Beispiele |
au |
u uu ou |
als /u/ kurz gesprochen als /u:/ lang gesprochen als /ou:/ lang gesprochen |
Muss; druss;
Huss Muur; Truur rouh (rauh); schlou Ausnahme:
Audo |
äu |
i ie (äi) |
als /i/ kurz gesprochen als /i:/ lang gesprochen (als /«i:/ lang gesprochen) |
hiffele;
liLLe (läuten) Mies
(Mäuse); Lies (Gäil;
Gnäil) |
ei |
i ie ää (äi) |
als /i/ kurz gesprochen als /i:/ lang gesprochen als /«:/ lang gesprochen (als /«i:/ lang gesprochen) |
Winn;
wiss (weiß) fiere (feiern) Dääl (Teil); Sääl (Schäib;
Läib; dräi) |
eu |
i ie (ou) (äi) uu |
als /i/ kurz gesprochen als /i:/ lang gesprochen (als /ou:/ lang gesprochen) (als /i:/ lang gesprochen) als /i:/ lang gesprochen |
Grìdds (Kreuz) Fier
(Feuer); Lied (nou;
schou; oua) (häid;
beräije) schuure
(scheuern) |
Die eingeklammerten Beispiele sind aufrecht erhaltene Diphthonge in veränderter Form.
Und weiter geht's im Kurs Ensemma Pladd. Wählen Sie hier die gewünschte Folge aus:
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Last update: 30.11.2001