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3.0 Ensheimer Genealogie


3.12 Eintragungen in den Ensheimer Pfarrbüchern während der Evakuierung 1939/40


  1. Nachrichten an die evakuierten Pfarrgemeindemitglieder

Liebe Pfarrkinder!

Petrus,
Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge in der Diaspora, die gemäß dem Ratschlusse Gottes des Vaters und durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blute Jesu Christi bestimmt sind.

Gnade Euch und Friede in reichlichem Maße!

So begann Petrus seinen ersten Brief an seine weithin zerstreuten Christen, und so grüße auch ich Euch über alle deutschen Gaue noch zerstreuten, bald aber in der Heimat wieder vereinten Pfarrkinder.

In der heiligsten Dreifaltigkeit, von der Petrus oben spricht, sind wir gut geborgen: im Schutze des Vaters, in der Liebe Jesu Christi, in der Gnade des Heiligen Geistes. Der dreifaltige Gott, zu dem wir alle beten, hat uns in der Fremde beschützt, daß wir wohlbehalten zurückkehren können. Er hat auch unsere Heimat behütet. Wir wollen deshalb den Dank nicht vergessen im Gedanken an alle Gefahren, die vorübergezogen sind. Freilich hat er auch manche von uns abgerufen, die nicht mehr zurückkehren, und wir fühlen den Schmerz der Angehörigen, daß nun jemand fehlt, wenn sie heimkehren. Aber auch jene, die Gott abgerufen hat, sind glücklich "Heimgekehrte".

Wir haben jetzt unser Patronsfest gefeiert, das Fest der Apostelfürsten Petrus und Paulus. Da seid Ihr wohl alle im Geiste daheim in unserer schönen Heimatkirche gewesen. Habt an den feierlichen Gottesdienst gedacht, den Cäcilienverein und Kirchenorchester immer so verschönt haben. Manche von Euch sind vielleicht im Geiste durch die Straßen des Heimatortes gegangen und haben die Gäste begrüßt, die an diesem Tage immer so zahlreich aus der Fremde sich einzufinden pflegen. Dieses Jahr seid Ihr selbst in der Fremde und mußtet zum größten Teil einen feierlichen Gottesdienst vermissen. Ich habe hier in Heidingsfeld aber an Euch alle gedacht. In Gegenwart der hier wohnenden Ensheimer habe ich am Festtag für Euch alle ein feierliches levitiertes Amt gehalten, wie wir es in der Heimat gewohnt sind. Und am Schlusse habe ich Euch alle mit dem Allerheiligsten gesegnet, Euch alle, die Ihr in der Fremde zerstreut seid, Euch Soldaten im Felde und unseren lieben Heimatort mit all seinen Häusern. Und dann haben wir das Te Deum gesungen in der Hoffnung auf eine baldige Rückkehr. Wir haben ja jetzt die frohe Zuversicht, daß es bald wieder zurückgeht an die schöne Saar. Vergeßt aber auch Ihr das Danken nicht! Dank geführt Gott, der militärischen Führung und unseren tapferen Soldaten. Unser Dank an Führung und Soldaten sei unser Gebet für sie. Unseren Dank an Gott wollen wir zum Ausdruck bringen dadurch, daß wir unsere religiösen Pflichten in den wenigen Wochen, in denen wir noch in der Fremde weilen, recht gewissenhaft erfüllen. Und freuen wir uns schon jetzt darauf, unseren Dank an Gott in absehbarer Zeit durch ein jubelndes Te Deum in unserer Heimatkirche dem Vater im Himmel abstatten zu können. Wir wollen Gott zum Dank aber auch versprechen, in der Heimat wie früher und auch noch mehr als vorher eine einige friedliche Pfarrfamilie zu sein, denn die Gemeinschaft unter uns allen ist in diesen Monaten der Trennung nur fester und enger geworden. So wollen wir uns also des göttlichen Schutzes würdig und dankbar erweisen.

Und nun "Auf Wiedersehen in der Heimat!" Möge der Tag, in dem die liebe Saarheimat uns wieder zurückruft, nicht mehr allzu ferne sein!

Herzliche Grüße, Euer Heimatpfarrer A. Konrath

Zur Beachtung:

  1. Sterbegelder für die Caritassterbevorsorge sind einzusenden an die Adresse: Volkshilfe Speyer, Postscheckamt Ludwigshafen Nr. 20 283, dabei muß auf dem Postabschnitt die Nummer des Versicherungsscheins und die Heimatadresse angegeben werden.
  2. Mütterverein: Zur Aufrechterhaltung der Sterbegeldversicherung des Müttervereins werden die Mitglieder ersucht, die seit September 1939 fälligen Monatsbeiträge und Sterbegelder auf das Postscheckamt Saarbrücken Nr. 3 718 Kath. Pfarramt Ensheim einzuzahlen. Bis jetzt sind 11 Mitglieder verstorben.
  3. Jeder einzelne Rückgeführte muß eine von der Gauleitung zur Verfügung gestellte vorgedruckte Postkarte ausfüllen und in den Briefkasten werfen. Auf Grund dieser Postkarten werden die Anweisungen für den Rücktransport erfolgen.
  4. Unsere Pfarrbücher befinden sich jetzt in Speyer. Alle Anfragen wegen Urkunden für arische Abstammung oder Eheschließung sind jetzt an das Kirchenbuchamt der Diözese Speyer in Speyer, Hasenpfuhlstraße 32, zu richten.

Was unsere Pfarrbücher berichten:

Ich bringe heute nochmals eine Zusammenstellung aller Eintragungen in unsere Pfarrbücher seit dem Verlassen der Heimat. Fehlendes bitte ich möglichst bald mitzuteilen.

[Es folgen die Taufen zwischen September 1939 und Mai 1940; eine Aufstellung der Erstkommunikanten 1940 sowie der Firmlinge 1939 und 1940; die kirchlichen Trauungen zwischen September 1939 und Juni 1940; die Sterbefälle im gleichen Zeitraum sowie Glückwünsche für einzelne Pfarrmitglieder. PG]

 


Quelle: Pfarrbrief des Ensheimer Pfarrers Alois KONRATH, Peterstag 1940 [Vielen Dank an Martin Blaes!]


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Last update: 28.12.2001