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Extra-Info: Die französische Reunionspolitik 1679ff


3 Durchführung

Die Franosen gingen äußerst raffiniert vor, um doch noch in den Besitz der beanspruchten Gebiete zu gelangen. Sie setzten ihre Hoffnung nicht auf militärische Gewaltaktionen oder auf die Besetzung, sondern sie wählten den scheinbar legalen Weg, indem sie ordentliche Gerichtsverfahren vor eigens eingerichteten Reunionskammern durchführen ließen. Mit diesem verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen Trick sollten die französischen Ansprüche auf Reichsterritorium durchgesetzt werden, um das traditionelle Ziel der französischen Außenpolitik, die Gewinnung der Rheingrenze, zu realisieren. Die Krönung dieser dreisten Politik war die Annexion der urdeutschen Stadt Straßburg im Jahr 1681.

Auch in Metz wurde 1679 eine solche Reunionskammer eingerichtet. Laut Herrmann, op. cit., 447 wurde der Metzer Reunionskammer "die Aufgabe gestellt, in letzter Instanz über alle Klagen zu entscheiden, die von den Bischöfen von Metz, Toul und Verdun vorgebracht werden bezüglich der Rechte, Gebiete und Herrschaften, die zum weltlichen Besitz dieser Kirchen gehören und deren Souveränität seit den Friedensverträgen von Münster und Nimwegen dem König von Frankreich zustehe."

Offensichtlich stand schon von vorneherein fest, wie ein Verfahren auszugehen hatte:

"Die Vorbereitung für die Klageerhebung, die Sammlung und Sichtung der Urkunden, die Feststellung der Abhängigkeiten wurden von den gleichen königlichen Beamten vorgenommen, die auch das Urteil fällten." (Herrmann, ebda.)

Die Metzer Reunionskammer hat 1680/81 fünfundvierzig Reunionen durchgeführt, einige davon auch im Saargebiet, u.a. am 8. Juli 1680 die Grafschaft Saarbrücken. Damit wurde auch Ensheim französisch! Die Reunion der Grafschaft Saarbrücken wurde übrigens mit einer Schenkung des Kaisers Otto III (983 - 1002) an den Metzer Bischof begründet: Damals erhielt dieser Saarbücken, Völklingen, Quierschied und den Warndt zu Lehen.

Das Strickmuster dieser Reunionsprozesse war immer identisch: Wurde eine Lehens- oder sonstige Abhängigkeit eines Ortes festgestellt, so versuchte man dies auf die gesamte Herrschaft auszudehnen, so auch im Falle von Saarbrücken.

Neben diesen durch entsprechende Urteile herbeigeführten Reunionen gab es noch eine Fülle von "Reunionen ohne Beschlüsse" (Kaufmann), wo der Gebietsanspruch meist nur noch wegen der Anwesenheit französischer Truppen, unzweideutiger französischer Drohgebärden oder durch Versprechungen an die Landesherren durchgesetzt wurde.

Der französische König profitierte von der Schwächung des deutschen Kaisers im 30-jährigen Krieg und durch die neuerliche Türkengefahr Anfang der Achtziger Jahre. Ludwig XIV. wollte aber dennoch die ausdrückliche Anerkennung seiner Reunionspolitik durch das Reich. Auf seinen Vorschlag hin kam es zwischen dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und Frankreich am 15. August 1684 zum "Regensburger Stillstand": Frankreich durfte die Reunionsgebiete auf die Dauer von zwanzig Jahren vorläufig behalten, soweit die Reunionen vor dem 1. August 1681 durchgeführt worden waren. Außerdem bekamen die reunierten Gebiete volle Handelsfreiheit gegenüber dem Reich, Religionsfreiheit, während der genaue Umfang der Reunionen durch ein Grenzkommission festgelegt werden sollte. Dieser letzte Punkt wurde aber aufgrund des neuerlichen Krieges 1688 ff nicht mehr realisiert.

Die Reunionskammer in Metz wurde am 23. September 1686 wieder aufgelöst.


Benutzte Literatur:


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