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Ensheimer Soldaten in Kriegsgefangenschaft
Die Soldaten, die den 2. Weltkrieg überlebt haben und in Kriegsgefangenschaft gelangt sind, waren diejenigen, die am meisten zur Verantwortung gezogen worden sind und oft die besten Jahre ihres Lebens verloren haben. Oft kamen sie nicht mehr oder als kranke oder gebrochene Menschen aus der Gefangenschaft zurück.
Die Ensheimer Ortschronik berichtet (S. 77) über die Gefangennahme von 80 in Ensheim verbliebenen Volkssturmmännern nach der Einnahme des Ortes durch US-Truppen am 15. März 1945:
"Wie ein Lauffeuer ging der Ruf durch den Ort 'Alles sammeln!'. Die Volkssturmmänner wurden im Hof von Werner Walle am Südausgang des Dorfes zusammengetrieben, die Zivilisten in der Wirtschaft Freis, heute unter dem Namen 'Goldene Kanne' bekannt. Die Durchsuchung nach Waffen, Verhöre und Einschüchterungen waren bald beendet. Für die meisten Männer begann um 17 Uhr der Marsch in die Gefangenschaft, erst über Eschringen nach Bliesransbach. Dort Rast, wieder Verhöre, Vereinigung mit anderen Gefangenen, Weitermarsch nach Saargemünd. In einem größeren Sammellager weitere Verhöre, Aussonderung der politischen Formationsangehörigen in Sonderlager. Das gros wurde per Auto nach Saarburg transportiert, von dort im Zug nach Marseille. Hier wurde die über 40 Jahre alten Männer nach Amerika eingeschifft, die jüngeren, darunter auch 16- und 17-jährige, kamen in das Gefangenenlager 404, von wo sie später zu Arbeitskommandos zusammengestellt wurden. Die meisten Gefangenen kehrten nach einjährigem Aufenthalt wieder aus Amerika zurück."
Gefangenschaft war nicht gleich Gefangenschaft. Wer Gefangener der USA sein "durfte", hatte in der Regel Glück. Er wurde in die Vereinigten Staaten "verfrachtet" und hatte eine Gefangenschaft, die als nicht sehr strapaziös beschrieben wird. Wer von den Franzosen oder gar von den Sowjets gefangengesetzt wurde, dem ging es meistens sehr dreckig - im wahrsten Sinn des Wortes.
Mein Vater Gregor Glass war von Sommer 1944 bis 1947 in Südwestfrankreich (im Raum Armagnac) interniert und mußte dort wie alle Gefangenen dort Zwangsarbeit leisten. Prügel waren an der Tagesordnung. Auch ließ die Verpflegung sehr zu wünschen übrig. Viel hat er nicht über seine Gefangenschaft berichtet, aber diese Episode: Einmal hatte er bei einem französischen Jungen am Zaun einen Apfel gegen drei Feuersteine für das Feuerzeuge eingetauscht. Als ein Wärter dies sah, wurde meinem Vater der Apfel abgenommen und er selbst heftig verprügelt. Dass sich ausgerechnet die Franzosen, die während der Zeit der deutschen Besetzung 1940 - 1944 zwar auch zu leiden, aber in weiten Teilen mit den Deutschen kollaboriert hatten, sich zu diesen Exzessen hinreißen ließen, war nicht immer verständlich.
Ein besonders schweres Schicksal hatten die Gefangenen in sowjetischen Lagern. Soweit sie die Entbehrungen in der Lagerhaft überlebt haben, wurden sie erst Jahre später aus der Gefangenschaft entlassen, die letzten im Jahre 1955!
Nach der Rückkehr waren viele Kriegsgefangene gebrochene Männer, desillusioniert und verbittert, viele um ihre Jugend betrogen.
Quellen:
Lesen Sie auch:
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Letztes Update: 27.12.2004 © Paul Glass 1997 - 2001 ff