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Zehn Jahre Nazi-Herrschaft in Ensheim - Eine ernüchternde Bilanz


Die NS-Herrschaft war zum einen mit einer dauerhaften Unterdrückung der Grund- und Menschenrechte verbunden, zum anderen mit Not und Elend durch den von Nazi-Deutschland angezettelten Zweiten Weltkrieg.

Auch in Ensheim gab es hier viele Opfer, auch solche, die zuvor die Nazis ohne große Überlegung gewählt hatten. Vor allem Kriegsopfer, Soldaten wie Zivilisten, Ausgebombte, Evakuierte, zum Tode Verurteilte. 

Die Ensheimer Ortschronik berichtet (S. 77) über das Bild, das sich den Überlebenden in Ensheim bot:

"Vielen bot sich ein Bild größten Schreckens und Elends. Trümmer und Scherben, Ruinen und rauchende Häuser, totes Vieh, zerstörte Waffen und Munition."

Nach der Kapitulation zog man die ernüchternde Bilanz:

In einem Schulbuch ist ein Foto aus dem Jahr 1945 abgedruckt: eine Hausruine irgendwo im zerstörten Deutschland und darauf steht in großer Schrift: "Dafür brauchte Hitler zwölf Jahre Zeit." Wie wahr!

Aber es war nicht nur Hitler, der für all dies Verantwortung trägt. Alle - jede(r) auf seine Weise - tragen Verantwortungso auch diejenigen,

Wir haben bis jetzt nur über die Opfer gesprochen. Neben den oben genannten Verantwortlichen gab es auch in Ensheim explizit Täter, die - wie andernorts auch - wegen einer im wesentlichen misslungenen Entnazifizierung meist straflos ausgingen:

Sie haben fast alle von einer halbherzigen Entnazifizierung profitiert, die nur zu einem geringen Teil das erreicht hat, was im Potsdamer Abkommen 1945 zwischen den alliierten Siegern vereinbart worden war: eine Sühne für die vielen im Geiste des Nationalsozialismus begangenen Untaten und eine gerechte Bestrafung der Täter. Viel zu schnell waren die alliierten Besatzungsmächte im Westen Deutschlands der Auffassung, dass sie auch ehemalige Nazis gut gebrauchen können, zumal im Zuge des 1947 beginnenden Ost-West-Konflikts Allianzen gegen einen neuen gemeinsamen Gegner aufgebaut werden mussten: gegen die kommunistische Sowjetunion.

Diese politische Nachkriegsentwicklung hat nicht nur weitgehend eine Bestrafung der Täter, sondern auch eine ehrliche Auseinandersetzung der Ensheimer mit dem Nationalsozialismus und eine Aufarbeitung dieser dunklen Passage der Ortsgeschichte verhindert. Noch heute ist es ein Tabubruch, wenn man Ereignisse aus der Nazizeit versucht kritisch zu kommentieren, wie die gerade [April 2001] stattfindende Debatte um die Umbenennung der Oskar-Orth-Straße mit Nachdruck deutlich macht.


Quellen:


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Letztes Update: 27.12..2004                   © Paul Glass 1997 - 2001 ff